Autodidaktischer Entwickler und Bürger von Welt
Sich selbst Dinge beizubringen und Neues auszuprobieren, das gehört für Sven Graziani einfach zum Alltag dazu: egal ob im Beruf beim Programmieren oder privat beim Impro-Theater. Geht nicht gibt es bei ihm nicht, denn er findet einen Weg, wo andere keinen sehen. Sven ist Full Stack Entwickler bei Anexia und sein stetiger Wissensdurst, sowie seine kreative Ader lassen ihn neue Welten erschaffen. Was es damit auf sich hat und wie man auch als Autodidakt viel Wissen aufbauen kann, das hat er uns in diesem #joinourrevolution Interview erzählt.
Könntest dich einmal kurz vorstellen: Wer bist du und was machst du bei Anexia?
Ich bin Sven und ich arbeite seit drei Jahren als Full Stack Entwickler bei Anexia. Mein Aufgabengebiet geht von Design-Integration auf Websites bis hin zu mobilen hybriden Apps, die auch mit Webtechnologie gebaut werden. Mein Schwerpunkt ist Javascript, wo ich mit Angular, React, Vue und anderen Frameworks arbeite, mit denen es ans Grobe geht. Manchmal arbeite ich aber auch am Backend, wo ich REST APIs programmiere oder verschiedene Serverdienste zusammenziehe, die man im Frontend braucht.
Gefällt es dir, ein Allrounder zu sein oder spezialisierst du dich lieber auf etwas?
Der Vorteil am Allrounder mit Fokus auf Frontend ist, dass ich mit den reinen Backend-Entwicklern besser kommunizieren kann. Ich kann die Anforderungen besser formulieren und an sie denken, wenn ich zum Beispiel eine Anwendung entwerfe. So kann ich ihnen das Leben leichter machen und gleichzeitig für mich im Frontend das Beste rausholen. Es hilft auch enorm, Fehler zu finden, weil man sich besser vorstellen kann, wo sie auftreten. Allrounder zu sein ist ein großer Vorteil, vor allem als Projektlead. So kann man besser helfen, besser koordinieren oder auch bessere Workarounds finden.
Du bist seit drei Jahren bei der Anexia als Entwickler. Wo hast du Softwareentwicklung gelernt?
Ich habe mir alles selbst beigebracht, denn ich habe relativ früh mit 16 die Schule abgebrochen. Ich habe mich dann sehr früh selbstständig gemacht und war immer getrieben, mir die Sachen autodidaktisch beizubringen. Das hat mit Grafikdesign und Fotografie angefangen und irgendwann beim Programmieren geendet. (lacht)
Und wie machst du das, dir selbst Dinge beizubringen?
Es gibt verschiedene Lerntypen. Ich habe leider erst sehr spät herausgefunden, dass ich am leichtesten lerne, wenn ich Videos schaue. Das herauszufinden war praktisch, denn dadurch konnte ich das Wissen im Internet leichter filtern. So habe ich nur noch Videokurse schauen müssen, um mich fortzubilden und up-to-date zu bleiben.
Was reizt dich daran, immer wieder Neues zu lernen?
Vielleicht ist es das Gefühl, dass man noch nicht am Ende der Reise angekommen ist. Anfangs ist es Training gewesen und irgendwann gehört es zum Alltag dazu, dass man eine halbe Stunde pro Tag schaut, was es Neues in der Technikwelt gibt und was das Kollektiv der Entwickler jeden Tag weltweit Neues an Informationen erschafft. Ich finde, das ist wie mit dem Coca-Cola-Logo: da glauben alle subjektiv, es war schon immer so. Dabei hat es sich in den letzten beinahe 100 Jahren immer wieder in kleinen Schritten verändert. Erst wenn man zurückschaut, sieht man den Kontrast und ich glaube, so ist das auch mit Wissen. Mit der Leidenschaft dafür, mehr erfahren zu wollen, kann man in kleinen Steps und in vielen Häppchen Wissen aufbauen. Und ja, es ist mein ‚habit‘, mich fortzubilden. (lacht)
Mit der Leidenschaft dafür, mehr erfahren zu wollen, kann man in kleinen Steps und in vielen Häppchen Wissen aufbauen. Und ja, es ist mein ‚habit‘, mich fortzubilden.
Machst du das auch in anderen Bereichen, zum Beispiel bei Hobbys?
Es ist egal, was ich als Hobby oder arbeitstechnisch annehme: oft entwickelt es sich schnell und bekommt dann einen eigenen Drive. Ich mache zum Beispiel seit kurzem Impro-Theater. Ich bin vor ein paar Wochen zum Zuschauen ins Impro-Theater gegangen, zu einem Verein in der Nähe von mir. Da habe ich mir eine Session angeschaut und am Ende gesagt, dass ich gern mitmachen würde. Und jetzt habe ich schon im Herbst bei einem normalen Theaterstück eine Rolle! Auch da fing es mit einem kleinen Schritt an, ein Sog entwickelt sich und es geht ganz schnell in eine eigene Richtung. So geht’s mir mit ganz vielen Dingen.
Mit Impro-Theater bist du ein gutes Kontrabeispiel zum klischeehaften Entwickler-Nerd. Oder schätzen wir die Entwickler-Community falsch ein?
Ich meine, dass man als Entwickler schon leicht zu diesem zurückgezogenen Nerd werden kann. Wenn ich mehrere Wochen keine sozialen Kontakte pflege, dann fehlen mir Gesprächsthemen, über die ich mit Normalsterblichen reden kann. Und da ich mich gern mit anderen austausche, will ich nicht immer Menschen um mich haben, die nichts von Themen wie zum Beispiel neuen Software-Trends verstehen. Aber dafür habe ich ja zum Glück die Arbeitskollegen in der Firma. Die Gefahr, dass man als Entwickler in die soziale Isolation abrutscht, besteht vor allem, wenn man nicht bewusst sagt: heute gehe ich raus und treffe andere Menschen. Ich sehe es als bewusste Handlung von mir, rauszugehen und Menschen zu treffen. Wenn ich das nicht mache, entwickle ich auch eine gewisse Angst, mit Leuten zu reden. (lacht) Das geht ganz schnell!
Du hast als DJ, Grafiker und Fotograf gearbeitet. Du als kreativer Typ in einem logischen Job – wie passt das zusammen?
Das war ein Prozess. Der ursprüngliche Auslöser für das, was ich jetzt mache, war, dass ich den ersten Teil von Herr der Ringe im Kino gesehen habe. Ich war 13 Jahre alt und habe viel Computer gespielt. Das Spiel The Elder Scrolls: Morrowind war neu und zusammen mit europaweit 50 Leuten haben wir angefangen, dafür einen Mod zu machen, also das Spiel zu verändern und Herr der Ringe in Morrowind nachzubauen. So habe ich gelernt, Videos zu schneiden, Texturen fürs Spiel zu zeichnen und Musik für die Trailer zu machen. Programmieren habe ich anfangs bewusst ausgelassen, weil ich Angst hatte, dass es zu schwer ist. Irgendwann ging es dann nicht mehr ohne und so musste ich selbst Code schreiben. Das war der Anfang von allem.
Um deine Frage zu beantworten, wie das mit dem logischen Denken zusammenpasst: Es ist alles immer aus einer Notwendigkeit heraus entstanden. Die Dinge, die ich tue, tue ich aus Leidenschaft aber eben auch, weil es immer eine Notwendigkeit gab.
Damals wart ihr über 50 Leute, bei Anexia arbeitest du auch immer in Teams. Ist dir das Miteinander wichtig?
Das stimmt. Ich mag das Gefühl, ein Team zu haben, das gemeinsam an einer Mission arbeitet. Auch wenn ich den ersten schweren Weg meist selbst gehen muss, bis ich die anderen dafür begeistern kann. Man sagt mir nach, dass ich mit dem Kopf durch die Wand will, aber das brauchts. (lacht) Wenn der Stein erst mal im Rollen ist, dann schaffe ich es auch, dass sich Leute begeistern können und mitmachen. Dann fühlt es sich gut an, wenn man auf einmal ein Team wird.
„Ich bin sehr anpassungsfähig und genieße es, immer wieder neue Leute kennenzulernen, egal woher sie kommen.“
Bei deinem Mittelerde-Nachbau wart ihr eine Gemeinschaft, die europaweit zusammengefunden hat. Ist die Heimat als Ort ein Thema für dich?
Ich bin gebürtiger Oberösterreicher und in Linz geboren. Eine Heimatverbindung habe ich nie gehabt. Meine Eltern waren selbstständig, so habe ich 5-6 Jahre in Italien gelebt, wo ich auch zur Volksschule gegangen bin. Dann waren wir in Villach, Salzburg und Linz. Ich habe immer wieder neue Freunde finden müssen, das war nie ein Thema für mich. Ich bin sehr anpassungsfähig und genieße es, neue Leute kennenzulernen, egal woher sie kommen.
Eine Abschlussfrage: Wenn man Autodidakt werden möchte, was empfiehlst du?
Durchprobieren! (lacht) Also nicht Durchprobieren und alle 2-3 Tage sagen: Das ist doch nichts für mich, das bringt nichts. Man braucht etwas, wofür man eine Leidenschaft hat. Für mich war Herr der Ringe damals die Leidenschaft schlechthin, mit den Bildern und der Musik war es sehr emotionsbehaftet. Es ist ein Gesamtpaket, das sehr viel Feuer entfachen kann, in meinem Fall schon über 20 Jahre. Für die Sachen, für die man brennt, muss man einfach hakeln. Aber man darf den Spaß dabei nicht verlieren, auch wenn das vielleicht nicht so leicht ist. Und was ich auch jedem raten kann: lasst einfach eine Vielfalt an verschiedenen Dingen in das Leben einfließen für die Vielfalt und Abwechslung.
Du bist ein bunter Vogel wie Sven, der sich mit Leidenschaft in neue Aufgaben stürzt? Dann ist es uns egal, wenn du Schulabbrecher bist oder dein Lebensweg andere Knicke hat: Wir freuen uns auf deine Bewerbung, denn Unikate wie Sven und dich brauchen wir!