Autoren: Matthias Auer und Aloysius Widmann
erschienen am 15.06.2024 in Presse am Sonntag
Im Alltag nutzen wir die Cloud ständig, oft merken wir es gar nicht. Aber wie genau sieht diese Wolke aus, in der Daten gespeichert und verarbeitet werden? Warum und wo neue Rechenzentren entstehen. Und welche Flaschenhälse es in der Wolkenwirtschaft gibt.
Ein Start im heurigen Jahr war angedacht, geht sich aber nicht ganz aus. Noch ein bis anderthalb Jahre wird es dauern, bis die drei neuen Rechenzentren des US-Riesen Microsoft rund um Wien in Betrieb gehen. Rund eine Milliarde Euro teuer ist das Projekt, das laut Microsoft-Österreich-Chef Hermann Erlach aus mehreren Gründen in Österreich realisiert wird: Es gebe beispielsweise viel grüne Energie, eine sichere Stromversorgung, politische Stabilität, kaum Erdbeben. Doch Rechenzentren sprießen längst nicht nur in Österreich aus dem Boden. Per Dezember 2023 gab weltweit rund 11.000 davon. Tendenz stark steigend. Denn die Nachfrage nach Rechenleistung wächst und wächst. Und wächst. „Die Herausforderung besteht darin, schnell genug genügend Rechenzentrumskapazitäten aufzubauen, um mit der wachsenden Nachfrage Schritt zu halten“, gibt Ben Maynard im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ zu bedenken. Der Brite spricht für den europäischen Verband der Cloud-Service-Anbieter CISPE. Also einer Branche, deren Wachstum davon abhängt, dass auch die für Cloud-Services verfügbare Rechenleistung wächst.
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Alexander Windbichler ist noch keine 40 Jahre alt. Aber Unternehmer ist der Kärntner seit bald 20 Jahren. Heute beschäftigt Anexia weltweit rund 400 Personen. Die Produktpalette ist reich, vereinfacht gesagt bietet Windbichlers Firma Cloud-Dienstleistungen an. Wenn Unternehmen ihre Daten von Unternehmen wie Anexia managen lassen, sparen sie sich nicht nur ein eigenes Rechenzentrum, das personelle und finanzielle Ressourcen bindet – und obendrein Raum einnimmt. In der Cloud lassen sich auch Programme anwenden, die dann nicht eigens lokal im Unternehmen installiert werden müssen.
Nicht alle Cloud-Dienstleister betreiben auch eigene Rechenzentren. Anexia schon. „Wir betreiben in Österreich eigene Rechenzentren, mieten uns aber auch bei sogenannten Colocation-Operators ein“, sagt Windbichler im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Die aktuell rund 70 Datenzentren in Österreich werden von unterschiedlichen Unternehmen betrieben. Da sind neben Tech-Giganten wie Microsoft, die sowohl Cloud-Services anbieten als auch eigene – teilweise riesige – Rechenzentren betreiben, auch Unternehmen wie Anexia. Oder Unternehmen wie Digital Realty, bei denen Anexia beispielsweise in Österreich eingemietet ist.
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Auch wenn Daten in Glasfaserkabeln beinahe mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden, ist es laut Windbichler nicht egal, wo Daten liegen. „Wie wichtig Datensouveränität ist, wird von vielen unterschätzt“, sagt der Kärntner. Denn liegen Daten etwa auf Servern, die zwar innerhalb der Europäischen Union liegen, aber US–Konzernen gehören, sei man in Europa letztlich erpressbar. Sollte ein US–Präsident etwa auf die Idee kommen, Sanktionen gegen Europa zu verhängen, könnte die Cloud binnen kürzester Zeit offline gehen, wenn sie auf Servern von US–Firmen basiert. Und dann sind die Daten weg. „Man kann ein Rechenzentrum nicht einfach enteignen wie einen Gazprom-Speicher“, gibt Windbichler zu bedenken. Er will aber keinesfalls davon abraten, Daten auf US–Servern zu lagern. Es müsse die Möglichkeit geben, Rechenzentren europäischer Firmen in Europa zu nutzen.
Die US–Dominanz bei digitaler Infrastruktur lässt sich auch an Zahlen festmachen. So beheimaten die USA mit rund 5380 Rechenzentren mehr als zehnmal so viele wie das größte EU–Land Deutschland. Auch die US–Dominanz gegenüber dem Systemrivalen China ist übrigens eklatant, das Reich der Mitte kommt per März 2024 auf 449 Rechenzentren.
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